Heute, beim Friseur meines Vertrauens, war es wieder einmal soweit. Eine Bekannte, die sich eine schicke Hochsteck-Frisur für den Abend wünschte, fragte mich bezüglich meines letzten Trips: “Und, wie hat es EUCH gefallen?”, “Wie lange wart IHR dort”, “Was habt IHR gesehen?”. Ich frage mich: Warum IHR, wenn ich doch ALLEINE bin?!
Warum unterstellt man einem Menschen lieber die Gemeinsamkeit, wenn er doch genauso gut alleine sein könnte (so wie ich, weil bekanntlich Single)? Warum scheinen viele Menschen mit dem “Allein-Sein” Eigenschaften wie “einsam” oder “unglücklich” zu assoziieren?
Als ob die Möglichkeit, ALLEINE zu verreisen, das Wochenende zu verbringen oder gar ALLEINE auszugehen, schlicht nicht existieren würde! Undenkbar, wie unsozial, wie arm! Und so komme ich mir dann bei Fragen dieser Art im ersten Moment auch vor: Abwegig und arm. Und irgendwie unfähig, weil ich nicht in jeder coolen City dieser Welt mindestens einen Bekannten habe, mit dem ich ausgehen kann, oder noch besser, zu jeder Gelegenheit Freunde, die mich ständig anrufen und etwas unternehmen wollen! Muss man denn immer in Gesellschaft sein? Ist es ein Zeichen von Schwäche, nicht ständig jemanden bei sich zu haben? Outet man sich als sozial unfähig, wenn man mal alleine Skifahren geht? Oder ist genau das Gegenteil der Fall?
“Alleine zu sein, ist gesellschaftlich noch nicht akzeptiert,” weiß Psychotherapeut Patrick Schertler. Ein Grund dafür ist unser geschichtlich gewachsenes Empfinden und die Konvention, dass vor allem Frau nur an der Seite eines Mannes etwas gilt. Eine Frau alleine?! Das ist spätestens seit den 1930er Jahren ein Tabu, eine Konvention, die in unserem kollektiven Empfinden festgeschrieben ist und die erst langsam Risse bekommt. Doch das “Alleine-Sein” trifft auch Männer. Nämlich dann, wenn wir aus Beziehungen austreten. “Die Angst davor, alleine zu sein ist der Grund, warum viele Menschen in Beziehungen bleiben,” sagt Psychotherapeut Patrick Schertler. Und er muss es wissen, da er sich in seiner Linzer Praxis dem Thema widmet, wie und warum Menschen „etwas“ austauschen, wie sie kommunizieren und vor allem, wie sie ihre Beziehungen gestalten. “Was unsere Meinungen bildet, ist uns oft nicht bewusst, das haben wir einfach intus,” sagt Schertler. Konvention und Denkmuster, müssten erst durch eigenes Denken und vor allem Tun überschrieben werden.
Ahhhhh! Ich hatte da also nur etwas falsch verstanden, heute beim Friseur!”Allein-Sein” ist aufgrund der fortschreitenden Individualisierung also definitiv ein Thema, dass es neu zu definieren und zu überschreiben gilt.
Ihr wusstet es schon, oder?! “Alleine-Sein” ist neuerdings TOTAL en vogue!!!!
***Stella
2 comments
Gut getroffen! 🙂 Ich finde es immer wieder spannend, wie exotisch frau wirkt, wenn sie sich alleine auf derlei Abenteuer begibt. Was sollen wir denn tun, wenn Mr Right grad nicht mehr oder noch nicht da ist? Warten und fernsehen? Eben! Also raus ins Leben und aus dem ALLEIN sein einen Trend machen!
JA! Trend ist gut! Und abgesehen davon haben wir ja noch uns ;-))) #friendshipforever!! LG! Stella